Ein Kaiser, Fußball-Stars und eine Speerwerfer-Legende – Verstorbene Sportlerinnen und Sportler des Jahres 2024

Woher Fußball-Nationalspieler Franz Beckenbauer seinen Spitznamen hat, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Zweifellos gehört der „Kaiser“ aber zu den wichtigsten Sportlerinnen und Sportler, die im Jahr 2024 gestorben sind. Das Niedersächsische Institut für Sportgeschichte (NISH) erinnert in einer Übersicht an prominente und bekannte Aktive, Trainer und Funktionäre. Die chronologische Zusammenstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie endet mit dem Tod der Leichtathletik-Legende Klaus Wolfermann am 18. Dezember. 

Hannover – Franz Beckenbauer galt schon zu Lebzeiten als einer der weltweit besten Spieler der Geschichte. Nach seinem Tod am 7. Januar 2024 in der Wahlheimat Salzburg würdigten fast alle Medienvertreter den Verstobenen als Glücksfall für den deutschen und internationalen Fußball. Selbst „Der Spiegel“, in den Jahren zuvor ein Kritiker des in Ungnade gefallenen Beckenbauers, rückte auf elf Druckseiten die besonderen Verdienste des langjährigen Präsidenten des FC Bayern München in den Vordergrund.

Beckenbauer absolvierte zwischen 1965 und 1977 103 Länderspiele und 396 Bundesligapartien für den FC Bayern. Dazu kamen noch Profi-Einsätze für den Hamburger SV (28) und New York Cosmos (105).  Der Weltklasse-Libero gewann mit den Münchnern dreimal den Europapokal der Landesmeister, vier Mal die Deutsche Meisterschaft und vier Mal den DFB-Pokal.

Beckenbauer wurde Weltmeister als Spieler (1974) und als DFB-Teamchef (1990) – ein Kunststück, das zuerst dem Brasilianer Mario Zagallo gelang.

Zagallo verstarb zwei Tage vor Beckenbauer am 5. Januar in Rio de Janeiro. Der Tod des 92-Jährigen löste eine dreitägige Staatstrauer aus. Zagallo hatte mit Pele 1958 und 1962 den WM-Titel gewonnen und als Coach sein Heimatland 1990 zum WM-Sieg geführt.

Auch der Schwede Sven-Göran Eriksson, der Portugiese Artur Jorge und Christoph Daum sind als weltweit bekannte Fußball-Trainer gestorben. Daum führte den VfB Stuttgart 1992 zur Deutschen Meisterschaft. Zudem wurde er Landesmeister mit Besiktas und Fenerbahce Istanbul sowie mit Austria Wien.

Fußballfans mussten zudem Abschied nehmen von den Weltmeistern Bernd Hölzenbein (1974) und Andreas Brehme (1990). Der gebürtige Hamburger Brehme erzielte vor 34 Jahren im Finale per Elfmeter das Siegtor zum 1:0 gegen Argentinien und machte damit den WM-Triumph für Teamchef Beckenbauer perfekt. Karl-Heinz Schnellinger nahm wie Uwe Seeler an den vier WM-Turnieren 1958, 1962, 1966 und 1970 teil, der Titel blieb dem Wahl-Italiener aber versagt. Abwehrspieler Schnellinger, der am 20. Mai in Mailand starb, erzielte in 47 Länderspielen ein Tor. Im legendären Jahrhundertspiel 1990 gegen Italien erzwang er mit einer Grätsche zum 1:1 die Verlängerung.

Für die Anhänger von Werder Bremen war 2024 kein besonders schönes Jahr. Der langjährige Manager Willi Lemke starb unerwartet am 12. August an einer Hirnblutung. „Werder-Willi“, der auch als Politiker und UN-Sonderberater für Sport tätig war, wurde 77 Jahre alt. Ebenso unerwartet traf die Werder-Familie der Tod von Ex-Nationaltorwart Dieter Burdenski am 9. Oktober. Der Schlussmann bleibt mit 479 Ligaeinsätzen der Rekordspieler des Vereins. 

Im olympischen Sport ist der Tod von Ruder-Olympiasieger Hans Lenk hervorzuheben. Er gewann 1960 in Rom mit dem Deutschland-Achter die Goldmedaille, zudem wurde er zweimal Europameister und viermal deutscher Meister.  Nach dem Ende seiner Sport-Laufbahn machte sich Lenk als Philosophie-Professor an der Universität Karlsruhe einen Namen.

Gleich drei Todesfälle innerhalb von zwei Monaten hatte der Deutsche Hockey-Bund (DHB) zu beklagen. Nach DHB-Ehrenpräsident Michael Krause starben auch die beiden Rüsselsheimer Spieler Peter Kraus und Fritz Schmidt im Sommer. Das Trio gehörte 1972 in München zu dem Team, das Olympia-Gold holte.

Wenige Tage vor Weihnachten löste die Nachricht über den Tod von Klaus Wolfermann große Trauer im gesamten deutschen Sport aus. Der Speerwerfer aus Franken zählte zu den beliebtesten Athleten. Zweimal wurde der Olympiasieger von 1972 und frühere Weltmeister zu Deutschlands Sportler des Jahres gewählt. Sein Gold-Wurf von München, wo er seinen Kontrahenten und Freund Janis Lusis mit 90,48 Meter um zwei Zentimeter besiegte, hat sich in die olympische Geschichte eingeprägt. 

Die Leichtathleten trauerten auch um die Olympia-Siegerinnen Annelie Ehrhardt (1972/Hürdensprint) und Ilke Wyludda (1996/Diskuswerfen). Aus der großen Zahl der deutschen Weltklasse-Zehnkämpfer ragt Kurt Bendlin heraus. Der viermalige deutsche Meister und Olympia-Dritte von 1968 starb mit 81 Jahren. 

Ältere Leichtathletik-Fans können sich noch an die spannenden Olympia-Finalkämpfe erinnern, die Carl Kaufmann 1960 über 400 Meter gegen Otis Davis (USA) und Harald Norpoth 1964 über 5000 Meter gegen Bob Schul (USA) jeweils verloren. Beide Amerikaner gehören wie ihr Landsmann und Kugelstoßer Dallas Long (1964) zu den bekanntesten toten Olympiasiegern im zu Ende gehenden Jahr.  

Auch wenn Russland seit einigen Jahren wegen des Ukraine-Krieges nicht mehr an olympischen Wettkämpfen teilnimmt, sei an dieser Stelle an den sowjetischen Ruderer Wjatscheslaw N. Iwanow erinnert. Er gewann 1956, 1960 und 1964 dreimal in Folge das olympische Einer-Finale und zählt damit zu den größten Athleten in der Olympia-Historie. Sein Herz hörte am 5. August auf zu schlagen.

Die zahlreichen Radsport-Anhänger werden nennen dem zweimaligen Straßenweltmeister Rik Van Looy (Belgien) vor allem den Kölner Rolf Wolfshohl und den Bahn-Spezialisten Michael Hübner in guter Erinnerung behalten. Wolfshohl trug einige Tage das Gelbe Trikot bei der Tour de France und gewann 1965 die Spanien-Rundfahrt. Große Erfolge feierte er mit drei WM-Titeln im Querfeldeinrennen, unter anderem 1961 in Hannover. 

Hübner holte sieben Regenbogentrikots. Ein Olympia-Start für die DDR blieb dem schnellen Sprinter aus Chemnitz aber verwehrt. In dem zweimaligen Olympiasieger Lutz Heßlich hatte er intern einen Konkurrenten, der noch einen Tick schneller war.

Die Todesfälle Muriel Furrer (Schweiz/18 Jahren) und Andre Drege (Norwegen/25) überschatteten das Radsport-Jahr. Beide stürzten bei internationalen Rennen und erlitten schwerste Verletzungen. Sie zählen damit ähnlich wie der Autounfall-Tod von Kenias Marathon-Hoffnung Kelvin Kiptum (24) zu den besonders tragischen Ereignissen in einem Super-Sportjahr mit zahlreichen Top-Veranstaltungen wie Olympische Spiele und Fußball-EM.

Text: Peter Hübner, 19. Dezember 2024

SPORT NEKROLOG 2024

05.01: Mario Zagallo, Fußball, Weltmeister, Spieler, Trainer, Brasilien /92 Jahre/

07.01: Klaus Jungnickel, Basketball-Nationalspieler, MTV Gießen /83/

07.01: Franz Beckenbauer, Fußball-Weltmeister als Spieler und Trainer /78/

10.01: Kurt Krauß, Fußball, Göttingen 05, SVG, Arminia Hannover /82/

12.01: Hans Huber, Amateurboxen, Olympia-Zweiter 1964 /90/ 

15.01: Lothar Weise, Fußball, Erfurt, Stuttgart /89/

16.01: Kay Bernstein, Fußball-Funktionär, Hertha BSC /43/

16.01: Klaus Wunder, Fußball, FC Bayern, Hannover 96, Werder Bremen, MSV Duisburg /73/ 

17.01: Shawnacy Barber, Stabhochspringen, Weltmeister 2015, Kanada /29/

 23.01: Luigi Riva, Fußball, Cagliari, WM-Zweiter 1970, Italien /79/

31.01: Heinz Simmet, Fußball, 1. FC Köln /79/

01.02: Michel Jazy, Leichtathlet, Mittelstrecke, Olympia-Zweiter, Frankreich /87/

04.02: Knut Hamrin, Eishockey, Fußball, WM-Zweiter 1958, Schweden /89/

11.02: Kelvin Kiptum, Marathonläufer, Kenia /24/

13.02: Dieter Pauly, Fußball-Schiedsrichter /81/

13.02: Frank Tartsch, Tischtennis-Funktionär, Baden-Württemberg /73/

15.02: Henry Rono, Langstreckenläufer, Kenia /72/

20.02: Andreas Brehme, Fußball, Kaiserslautern, FC Bayern, Weltmeister 1990 /63/

22.02: Artur Jorge, Fußball, Spieler, Trainer FC Porto 1987, Portugal /78/

23.02: Joan Haanappel, Eiskunstläuferin, TV-Kommentatorin, ZDF-Sportstudio, Niederlande /83/

24.02: Ulrik le Fevre, Fußball, Mönchengladbach, Erstes Tor des Jahres 1971, Dänemark /77/

25.02: Gabriela Grillo, Dressurreiterin, Olympiasiegerin 1976 /71/

01.03: Heinz „Hein“ Mück, Amateurboxen /82/

03.03: Walter Mössinger, Kunstturnen /75/

06.03: Konrad „Conny“ Velensek, Profiboxer, Europameister 1971 /82/

06.03: Hilmar Hoffer, Fußball, Fortuna Düsseldorf /86/

18.03: Peter Kunter, Fußball, Torwart, Eintracht Frankfurt /82/

19.03: Joachim Franke, Eishockey, Eisschnelllauf-Trainer, DDR /83/

20.03: Uwe Rehbein, Tischtennis-Manager, Hannover /80/

im März 2024: Alesia Graf, Frühere Box-Weltmeisterin, Weißrussland, Deutschland /43/

10.04: O.J. Simpson, American Football, Schauspieler, USA /76/

12.04: Olga Connolly, geb. Fikotova, Diskuswerfen, Olympiasiegerin 1956, CSSR/USA /91/

15.04: Bernd Hölzenbein, Fußball, Eintracht Frankfurt, Weltmeister 1974 /78/

17.04: Gerd Roggensack, Fußball, Spieler, Arminia Bielefeld, Trainer /82/

19.04: Roland Twyrdy, Fußball, VfL Osnabrück, Preußen Münster, Cloppenburg /54/

19.04: Siegfried Kirschen, Fußball, Schiedsrichter, Funktionär, DDR, DFB /80/

20.04: Adrian Lehmann, Marathonläufer, Schweiz /34/

23.04 Yukio Kasaya, Skispringen, Olympiasieger 1972, Japan /80/

24.04: Wolfgang Schüler, Fußball, Karlsruhe, Freiburg, BVB, BW 90 Berlin /66/

29.04: Rudolf Kölbl, Fußball, TSV 1860 München, Padua, Genua /86/

02.05: Sjoukje Dijkstra, Eiskunstläuferin, Olympiasiegerin 1964, Niederlande /82/

04.05: Karl Ringel, Fußball, Borussia Neunkirchen, Saarland, DFB /91/

05.05: César Luis Menotti, Fußball, Spieler, WM-Trainer von 1978, Argentinien /85/

07.05: Eberhard Bauernfeind, Basketballspieler, Gießen, Oldenburg

12.05: Matthias Preuss, Sportkommentator, Boxen, Kickboxen /69/

20.05: Karl-Heinz Schnellinger, Fußball-Nationalspieler, Köln, Italien, WM-Zweiter 1966 /85/

 22.05: David Wilkie, Schwimmen, Olympiasieger 1976, Weltmeister, GB /70/

27.05: Dagmar Drewes, Fußball-Bundesliga, Preußen Münster /86/

27.05: Stefan Birtalan, Handball-Weltmeister 1970 und 1974 für Rumänien  75/

29.05: Manfred Wolke, Boxen, Olympiasieger 1968, Boxtrainer, DDR/Deutschland /81/

09.06: Klaus Zähringer, Sportschütze, Olympia-Bronze 1960, WM- und EM-Medaillen /84/

11.06: Bernd Schmidt, Fußball, Hessen Kassel, Werder Bremen /80/

16.06: Bob Schul, Mittel- und Langstreckenläufer, Olympiasieger 1964 vor Harald Norpoth, USA /86/

20.06: Gerhard Aigner, Fußball-Funktionär, DFB, UEFA /80(

23.06: Michael Krause, Hockey, Olympiasieger 1972, DHB-Präsident, NOK-Mitglied /77/

29.06: Claus Stauder, Tennis, Sportfunktionär, DTB-Präsident /86/

06.07: André Drege, Radrennfahrer, Tod am Grossglockner, Norwegen /25/

11.07: Willi Koslowski, Fußball, Schalke 04, RW Essen, DFB /87/

26.07: Erwin Stein, Fußball, Eintracht Frankfurt /89/

29.07: Józef Szmidt, Dreispringer, Olympiasieger 1960 und 1964, Polen /89/

29.07: Götz Eilers, Fußball, Funktionär, DFB-Ehrenmitglied /82/

30.07: Hans Lenk, Rudern, Olympiasieger 1960, Philosophie-Professor /89/

01.08: Marion Poppen, Sportfunktionärin, Leichtathletik, Bremen /91/

01.08: Peter Kraus, Hockey-Olympiasieger 1972 /83/

05.8: Wjatscheslaw N. Iwanow, Rudern, Einer-Olympiasieger 1956, 1960, 1964, UdSSR /86/

08.08: Isaa Hayatou, Fußball, Sportfunktionär, Kamerun, FIFA /77/

12.08: Fritz „Schimmi“ Schmidt, Hockey, Rüsselsheim, Olympiasieger 1972 /81/

12.08: Willi Lemke, Fußball, Manager Werder Bremen, Politiker /77/

18.08: Roland Borchers, Fußballspieler, Frankfurt, Offenbach, Bielefeld /67/

21.08: Hans Weiner, Fußball, Hertha BSC, FC Bayern München /73/

22.08: Andreas Babendererde, Fußball, DDR-Meister mit Hansa Rostock, Hallescher FC /62/

23.08: Trude Dybendahl, Skilangläuferin Norwegen /58/

24.08: Christoph Daum, Fußball, Trainer in Stuttgart, Köln, Leverkusen, Türkei /70/

26.08: Sven-Göran Eriksson, Fußball, Spieler, Trainer England und Schweden /76/

29.08: Mihaela Penes, Speerwerferin, Olympiasiegerin 1964, Rumänien /77/

29.08: Kurt Bendlin, Zehnkämpfer, Deutscher Meister, Olympia-Bronze 1968 /81/

06.09: Horst Weigang, Fußball, Torwart, RW Erfurt, DDR-Auswahl /83/

14.09: Otis Davis, Sprinter, Olympiasieger 1960 über 400 Meter vor Carl Kaufmann, USA /92/

16.09: Robert Dill-Bundi, Radsport, Bahn-Olympiasieger 1980, Schweiz /65/

18.09: Rolf Wolfshohl, Radsport, Vuelta-Sieg 1965, Dreimal WM Querfeldeinfahren /85/

18.09: Salvatore Schillaci, Fußball, Torschützenkönig WM 1990, Italien /59/

18.09: Klaus Schwarze, Sportjournalist, ARD-Sportschau /83/

24.09: Hermann Selbherr, Fußball, DFB-Funktionär, Pokal-Spielleiter /90/

27.09: Muriel Furrer, Radsportlerin, Tod bei Heim-WM in der Schweiz /18/

04.10: Willi Giesemann, Fußball-Nationalspieler, Wolfsburg, FC Bayern, Hamburger SV /87/

05.10: Wolfgang Bordel, Fußball, Werder Bremen /84/

06.10: Johann Neeskens, Fußball, WM-Zweiter 1974 mit den Niederlanden /73/

09.10: Dieter Burdenski, Fußball-Nationalspieler, Torwart, Werder Bremen /73/

15.10: Peter Luther, Springreiter, Sieg beim Deutschen Derby 1980 /85/

15.10: Edith Wetzel, Tischtennis-Nationalspielerin, Kieler TTK /83/

18.10: Heinz Aldinger, Fußball-Schiedsrichter /91/

22.10: Annelie Ehrhardt, Hürdensprinterin, Olympiasiegerin 1972, DDR /74/

22.10: Bernd Bauchspieß, Fußball, Chemie Leipzig, DDR-Auswahl /85/

24.10: Dieter Timme, Fußball, Hertha BSC /68/

25.10: Walter Schmidt, Fußball, Eintracht Braunschweig, Deutscher Meister 1967 /87/

25.10: Norbert Littkopf, Judo, Trainer, Funktionär /80/

02.11: Clement Quartey, Boxen, Olympia-Zweiter 1960, Ghana /86/

03.11: Wilhelm Boyens, Fußballspieler, Hamburger SV, Holstein Kiel /82/

06.11: Maximilian Heidenreich, Fußball, Hannover 96, 1860, Frankfurt, Basel, Freiburg  /57/

09.11: Dieter Adler, Sportjournalist, Leichtathletik, ARD-Sportschau /88/

10.11: Dallas Long, Kugelstoßen, Olympiasieger 1964, USA /84/

12.11: Michael Hübner, Bahn-Radsportler, Sieben WM-Titel,  DDR/Deutschland /65/

15.11: Dieter Tartemann, Fußballtrainer, Essen, Remscheid, Wuppertal /80/

15.11: Sönke Sönksen, Springreiter, Olympia-Zweiter 1976 /86/

15.11: Frank Schäffer, Fußball, Borussia Mönchengladbach, Sänger /72/

15.11: Béla Károlyi, Kunstturn-Trainer, Ungarn, Rumänien, USA /82/

17.11: Joachim Griese, Segeln, Starboot, Olympia-Zweiter 1984 /72/

18.11: Jan Keizer, Fußball-Schiedsrichter, Niederlande /84/

26.11: Jan Furtok, Fußballspieler, Hamburger SV, Eintracht Frankfurt, Polen /62/

27.11: Maria Alexandru, Tischtennis-Spielerin, WM- und EM-Titel, Rumänien /84/

01.12: Ilke Wyludda, Diskuswerfen, Olympiasiegerin 1996, DDR/Deutschland /55/

02.12: Neale Fraser, Tennisspieler, Australien /91/

02.12: Lucjan Brychczy, Fußball, 58 Länderspiele für Polen /90/

vor oder 10.12: Andrea Kékesy, Eiskunstlaufen, Olympia-Zweite 1948 im Paarlauf mit Ede Király, Ungarn /98/

12.12: Wolfgang Steiert, Skispringer, Skisprungtrainer /61/

14.12: Klaus Wöller, Handball, Torwart, Olympia-Zweiter /1984/

18.12: Didi Constantini, Fußball, Spieler, Trainer, Österreich /69/

18.12: Rik Van Looy, Radrennfahrer, Straßenweltmeister 1960 und 1961, Belgien /90/

18.12: Klaus Wolfermann, Speerwerfen, Olympiasieger 1972 /78/

Goldmedaillengewinner Walter Mahlendorf vollendet 90. Lebensjahr

Walter Mahlendorf, einer der ältesten noch lebenden Olympiasieger der Welt, vollendet am Samstag, dem 4. Januar 2025, sein 90. Lebensjahr. Walter Mahlendorf ist Goldmedaillengewinner der Leichtathletik mit der 4×100-Staffel bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom; hier startete er in der gemeinsamen deutschen Mannschaft für die Bundesrepublik Deutschland.

Walter Mahlendorf wurde in Sarstedt im Kreis Hildesheim geboren und kam erst relativ spät mit 15 Jahren zum Sport bzw. zur Leichtathletik in seinem Heimatverein TKJ Sarstedt, dem er immer noch angehört und der ihn längst zum Ehrenmitglied ernannt hat. Seine ersten nationalen Erfolge erzielte Walter Mahlendorf übrigens im Dreisprung, wo er zweimal Deutscher Junioren-Meister wurde. Von 1956 bis 1961 trug Walter Mahlendorf, der insgesamt 23 Länderkämpfe für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) bestritt, das Trikot von Hannover 96.

Im Jahre 1958 stellte Walter Mahlendorf einen Hallen-Weltrekord über 50 m in 5,6 Sek. auf. Damit war er endgültig in der Welt der schnellen Sprinter angekommen. Seine persönliche Bestzeit über 100 in 10,4 Sek. (handgestoppt!) erzielte er ein Jahr später und wiederholte diese bis in das Olympiajahr 1960 noch sechsmal. Was die 4x100m-Staffel mit dem DLV angeht, gewann Walter Mahlendorf bereits 1958 Gold in 40,2 Sek. bei den 6. Europameisterschaften in Stockholm. Doch der absolute Karriere-Höhepunkt in „Sekundeneile“ sollte dann zwei Jahre später kommen und geht so:    

Wir sind bei den Spielen der XVII. Olympiade in Rom, schreiben Donnerstag, den 8. September 1960 und verfolgen das Finale über 4×100 m der Männer. Die deutsche Staffel tritt in der Besetzung bzw. in dieser Reihenfolge an: Am Start Bernd Cullmann (85), auf der Gegengerade Armin Hary (87) als damals schnellster Mann der Welt, danach in der zweiten Stadionkurve Walter Mahlendorf und schließlich Martin Lauer (1937-2019) als Schlussläufer – Ergebnis: Platz zwei in 39,5 Sek. hinter der Staffel der USA … aber dann stellte sich heraus, dass die USA einen Wechselfehler begangen hatte und disqualifiziert werden musste. Die deutsche Staffel rückte auf Platz eins vor, gewann damit Gold vor der Sowjetunion (40,1 Sek.) und Großbritannien (40,2 Sek.). Mit den 39,5 Sek. hatte die deutsche Staffel ihren eigenen Weltrekord aus dem Vorlauf egalisiert.

Den Wert dieser olympischen Goldmedaille, die Walter Mahlendorf mit seinen drei Sportkameraden damals erlief, können wir erst dann richtig ermessen und einordnen, wenn wir uns vor Augen führen, dass diese Goldmedaille die erste und bis heute einzige deutsche in einer leichtathletischen Sprintstaffel der Männer war bzw. geblieben ist. Lediglich deutsche Frauen gewannen später Gold über 4x100m, nämlich zuerst die DLV-Staffel 1972 in München vor der DDR, vier Jahre später in Montreal war es dann genau umgekehrt und 1980 in Moskau, wo bundesdeutsche Aktive wegen des politischen Boykotts nicht starten durften, gewann erneut die DDR-Staffel Gold. So gesehen ist der 90. Geburtstag von Walter Mahlendorf auch ein willkommener Anlass, auf diese großartige Leistung anzustoßen!

Walter Mahlendorf musste seine Karriere verletzungsbedingt frühzeitig ein Jahr nach Rom beenden. Nach dem Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln arbeitete er zunächst fünf Jahre als Kreis-Sportlehrer des Landkreises Hildesheim. Im Jahre 1971 trat er eine Stelle als Leiter des Sport- und Bäderamtes der Stadt Bochum an, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2000 als Sportdirektor wirkte.

Walter Mahlendorf lebt heute (nach eigenen Angaben:) „als fitter 90er“ in Bochum; in sein Haus mit Garten in Sarstedt zieht es ihn mindestens einmal im Jahr zur Apfelernte zurück. Für seine Verdienste um den Sport in Niedersachsen wurde er in die Ehrengalerie des niedersächsischen Sports beim Niedersächsischen Institut für Sportgeschichte (NISH) aufgenommen, das beim Landessportbund Niedersachsen in Hannover residiert. Für den Olympiasieg 1960 in Rom erhielt Walter Mahlendorf das Silberne Lorbeerblatt, die höchste verliehene sportliche Auszeichnung in der Bundesrepublik Deutschland vom damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke (1894-1972). Der DLV hat Walter Mahlendorf 1995 die Verdienstnadel in Silber überreicht.

Text: Prof. Dr. Detlef Kuhlmann, Dezember 2024

Unser ehemaliger Vorstandsvorsitzender Wilhelm Köster ist 90 Jahre alt geworden

Am Samstag, den 30. November, feierte Karl (K) Wilhelm Köster im großen Kreis seiner vielen Freunde, Weggefährten und Kollegen seinen 90. Geburtstag. Eingeladen hatte der Kreissportbund Diepholz, in dessen Vorstand Wilhelm Köster seit Jahrzehnten aktiv ist. Unter den anwesenden Gästen waren der Präsident des Leichtathletikverbandes Niedersachsen Uwe Schünemann – ehemaliger niedersächsischer Minister für Inneres und Sport – sowie Reinhard Rawe, der Vorstandsvorsitzende des LandesSportBundes Niedersachsen, der eine ausgiebige und launige Laudatio hielt.

Seit 1958 war und ist Wilhelm Köster in verschiedenen Funktionen erst beim TuS Sulingen und dann auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene des Sports engagiert. Von 1970 bis zur Jahrtausendwende arbeitete er national und international hauptberuflich und dann auch ehrenamtlich beim und für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Wilhelm Köster schrieb darüber hinaus eine Vielzahl an sporthistorischen Artikeln und Büchern zur Regionalgeschichte des Sports und zur Geschichte der Leichtathletik und forschte und arbeitete auch sportbiografisch, unter anderem zu Max Danz und Karl Beuermann. 2002 wurde er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates des Niedersächsischen Instituts für Sportgeschichte (NISH), 2010 wurde er Stellvertretender Vorsitzender und von 2018 bis 2024 war er Vorsitzender des Instituts. Seine große Leidenschaft im NISH war und ist das Ehrenportal des niedersächsischen Sports, die Hall of Fame niedersächsischer ehemaliger hervorragender Sportlerinnen, Sportler und Funktionsträger im Sport, die er seit Jahrzehnten sorgsam organisiert, gestaltet und formt. Für seine zahllosen Verdienste um den Sport hat er ebenso viele zahllose Auszeichnungen erhalten.

Was Wilhelm Köster über seine vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten und seine weitreichende Kenntnis um den Sport hinaus so besonders macht, und was die Vortragenden in ihren Reden auch allesamt betonten, sind seine Verlässlichkeit, seine Herzlichkeit, seine menschliche Wärme, seine Liebenswürdigkeit, seine Zugewandtheit, seine Zuversicht und seine Lebensfreude. In seiner Gesellschaft fühlt sich jeder wohl, hier ist man sofort zu Hause, sein jugendlicher Elan – niemand nimmt ihm die 90 ab – ist ansteckend. Wir vom NISH wünschen ihm alles Gute und freuen uns, dass Wilhelm Köster trotz seines kürzlichen Rückzuges aus dem Vorstand immer noch für uns und das Institut da ist.

Text: Prof. Dr. Dr. Bernd Wedemeyer-Kolwe, 01.12.2024

Von links nach rechts: Christian Becker (Vorstand NISH), Klaus Völkening (Geschäftsstelle NISH), Arnd Krüger (Ehrenvorsitzender NISH), Simone Stark (Geschäftsstelle), Wilhelm Köster, Reinhard Rawe (Vorstandsvorsitzender LSB Niedersachsen), Hedda Sander (Vorstand NISH), Bernd Wedemeyer-Kolwe (Geschäftsstelle NISH), Detlef Kuhlmann (Vorsitzender NISH).
Wilhelm Köster auf seiner Geburtstagsfeier am 30.11.2024

Hall of Fame-Mitglied und Fanforscher Gunter A. Pilz vollendet sein 80. Lebensjahr

Hannover – Der Sportwissenschaftler Prof. Dr. Gunter A. Pilz (Leibniz Universität Hannover) vollendet am 5. Dezember 2024 in seinem Wohnort Nienhagen bei Celle sein 80. Lebensjahr. 

Der renommierte Sportsoziologe hat sich vor allem einen Namen als Gewalt- und Konfliktforscher sowie als Protagonist der Fankultur im Fußballsport gemacht. Nach dem Philosophen und Ruder-Olympiasieger Prof. Dr. Hans Lenk (1935-2024) ist Prof. Dr. Gunter A. Pilz der zweite Ethikpreisträger des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). 

Das Niedersächsisch Institut für Sportgeschichte (NISH) hat den bundesweit bekannten Fanforscher im Vorjahr in seine Hall of Fame aufgenommen. 

Der gebürtige Baden-Badener lehrte und forschte von 1975 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2000 im Arbeitsbereich Sport und Gesellschaft am Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover, wo er im Anschluss daran noch die von ihm gegründete Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit (KoFaS) bis 2016 leitete. Bis heute steht er der damals neu formierten KoFaS gGmbH noch als Berater zur Seite. 

Der Jubilar studierte an den Universitäten Freiburg, München und Zürich die Fächer Soziologie, Psychologie und Volkswirtschaftslehre und war direkt nach dem Studium zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut der Eidgenössischen Turn- und Sportschule Magglingen in der Schweiz tätig. Zu seinem umfangreichen Werk mit Publikationen im dreistelligen Bereich gehören vorwiegend die Schwerpunktthemen Sport und Gewalt, Fußball-Fankultur, Rechtsextremismus im Sport, aber auch das Konzept der Bewegten Schule. Die beiden von ihm herausgegebenen Taschenbücher „Sport und körperliche Gewalt“ (Reinbek 1982) und „Sport und Verein“ (Reinbek 1986) waren wegweisende Werke, die als Bände mit den Nr. 7603 und Nr. 7627 in der Reihe „Arbeitsbücher Sport“ seinerzeit große Resonanz nicht nur bei Generationen von Sportstudierenden, sondern auch in Fachkreisen außerhalbe der Hochschulen bis hinein in die Sportorganisationen fanden.

Im Jahre 2008 wurde Gunter A. Pilz eine Honorarprofessur an der Hochschule Hannover in der Fakultät V (Diakonie, Gesundheit und Soziales) verliehen.

Mitte der 1980er Jahre gehörte Gunter A. Pilz, der u.a. als Gutachter für das Bundesinnenministerium fungiert und Forschungsprojekte im Auftrag des Bundesinstituts für Sportwissenschaft geleitet hat, zu den Initiatoren eines der ersten (Fußball-)Fan-Projekte in Hannover. Von diesen Projekten, die sich längst im gesamten Profifußball in Deutschland etabliert haben und dort nicht mehr wegzudenken sind, gibt es mittlerweile rund 70 von der Bundes- bis zur 4. Liga.

Damit wird eine positive und gewaltfreie Fankultur rund um den Fußball unterstützt. Auf Vorschlag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wurde Gunter A. Pilz am 6. September 2012 für seine hervorragenden Verdienste um „Fairplay – das ethische Potenzial des Sports“ in Hannover durch den seinerzeit amtierenden DOSB- und heutigen IOC-Präsidenten Dr. Thomas Bach in einer Feierstunde im niedersächsischen Landtag mit dem DOSB-Ethikpreis ausgezeichnet. 

In der Folgezeit wurden ihm noch fünf weitere Ehrungen zu Teil: Nachdem ihm im Juli 2012 vom Niedersächsischen Fußball-Verband die Ehrenspange „in Würdigung hervorragender Verdienste für den Fußballsport und in Anerkennung unermüdlichen Eintretens für seine Ziele“ verliehen wurde, folgte im April 2017 die Verleihung der Silbernen Ehrennadel des DFB in Würdigung seiner Verdienste um den deutschen Fußballsport, im August 2017 die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande und im September 2021 die Goldene Ehrennadel der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs). Seine „jüngste“ Ehrung als einer der ersten Sportwissenschaftler aus dem Land Niedersachsen war im April 2023 die Aufnahme in das virtuelle NISH-Ehrenportal. 

Sportkulturell aktiv und engagiert ist Gunter A. Pilz auch weiterhin in mehreren Gremien vorzugsweise für den organisierten (Fußball-)Sport: So ist er u.a. Mitglied im Beirat der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) bei der Deutschen Sportjugend im DOSB, ferner Vorsitzender der AG Qualitätssicherung der Fanprojekte nach dem Nationalen Konzept Sport und Sicherheit (NKSS); im DFB ist er Mitglied der Expertengruppe Gewaltprävention im Amateurfußball sowie Mitglied in den Kommissionen „Gesellschaftliche Verantwortung“ und „Prävention, Sicherheit und Fankultur“; immer noch gehört wird seine Expertise in beratender Funktion im DFB hauptsächlich bei den Themen gesellschaftliche Verantwortung, Fairplay, Gewaltprävention, Vielfalt und Antidiskriminierung; Pilz ist Schirmherr der Foto-Wanderausstellung gegen Rechtsextremismus „Sei eine Stimme“ der Aktion Liebe Deinen Nächsten e.V. Für die bei der FIFA angesiedelte Daniel Nivel Stiftung leitete Pilz bis zu deren Auflösung Ende Dezember 2023 als Vorsitzender die Arbeitsgruppe „Aktivitäten und Projekte“, die u.a. zwei Pilotprojekte in Deutschland und Frankreich zum Abbau von Feindbildern zwischen Fans und Polizei auf den Weg gebracht hatte. Außerdem hatte Pilz bis zum 27. November 2024 insgesamt 13 Jahre den Vorsitz des Netzwerkes „Sport & Politik für Fairness, Respekt und Menschenwürde“ inne.

Nach eigenen Angaben wollte Gunter A. Pilz schon auf dem Weg zum 80. Lebensjahrzehnt durch den zunehmenden Abbau von Ämtern und Funktionen kürzertreten, um sich mehr dem Privatleben mit Ehefrau Hilda widmen zu können und neben dem Musizieren in der von ihm selbst gegründeten Rock- und Blues-Band das Reisen in die zweite „Pilz-Heimat“ Norwegen auszudehnen und noch intensiver zu genießen: Bis zum Jahresende will er bis auf den Vorsitz der AG Qualitätssicherung der Fanprojekte (nach dem NKSS) dieses Ziel mit etwas Verspätung umgesetzt haben. Ob dann neue Aufgaben auf ihn warten? Abwarten!

Mit Blick auf den bevorstehenden runden Geburtstag gilt es jetzt erstmal die zahlreichen Glückwünsche nicht nur, aber auch aus der Welt des Fußballs und außerhalb des Sports entgegenzunehmen – den Anfang hat der Präsident der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft, Prof. Dr. Ansgar Schwirtz (TU München), bereits gemacht: „Ich gratuliere Gunter Pilz im Namen des Präsidiums sehr herzlich zum 80. Geburtstag, wünsche ihm alles Gute und weiterhin viel Gesundheit und Schaffenskraft. Gleichzeitig darf ich heute schon Gunter Pilz unsere Einladung zum 50. Geburtstag der dvs im Oktober 2025 aussprechen. Wir würden uns sehr freuen, Sie, lieber Herr Pilz, dann als unseren Ehrengast, aberauch als einen unserer Zeitzeugen aus den Anfängen der dvsbegrüßen zu dürfen“, spezifiziert Präsident Schwirtz seine besondere Glückwunschadresse … wohl wissend, dass Dr. Gunter A. Pilz damals ab Oktober 1976 der erste (ehrenamtliche) Geschäftsführer der jungen dvs mit Sitz am Institut für Sportwissenschaft in der Uni Hannover war, wo Prof Dr. Andreas H. Trebels (1937-2021) als erster dvs-Präsident residierte.

Text: Prof. Dr. Detlef Kuhlmann, November 2024

Trauer um NISH-Mitglied Horst Johr

Leichtathletik-Experte stirbt mit 88 Jahren

Hannover – Das Niedersächsische Institut für Sportgeschichte (NISH) trauert um Horst Jahr. Das langjährige Mitglied ist am 27. November 2024 in Hannover gestorben. Johr wurde 88 Jahre alt. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit bei der Finanzbehörde hatte er sich fast sein ganzes Leben für den Sport interessiert und stark engagiert. Seine Vorliebe galt dabei der Leichtathletik, für die er seit Beginn der 1950er-Jahre als Athlet, Trainer, Kampfrichter und Funktionär alle Stationen durchlaufen hat. Als Journalist schrieb er für den Niedersächsischen Leichtathletik-Verband (NLV) und für die Zeitschrift „Leichtathletik“ zahleiche Texte. 

Johr war im Dezember 1996 dem NISH beigetreten und wurde danach als Stammgast bei allen Veranstaltungen sehr geschätzt. Seine Fachkenntnisse zahlten sich im Medienbereich aus. Als freier Mitarbeiter war er mehrere Jahrzehnte für das Landesbüro Niedersachsen der Deutschen Presse Agentur (dpa) tätig. Radio-Hörer des Norddeutschen Rundfunks kannten seine Stimme als Reporter von zahlreichen Leichtathletik-, Rugby- und Hockey-Veranstaltungen. Für den Deutschen Rugby-Verband (DRV) amtierte er zudem als Pressewart.

Zu seinen sportlichen Höhepunkten zählte stets die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1972 in München. Dort war er als Kampfrichter in der Leichtathletik eingesetzt. „Ich musste damals auch die Trikots und Hosen der Athleten vor dem Wettkampf kontrollieren“, erinnerte sich Johr an diesen besonderen Moment in seinem sportlichen Leben. Bei den Meisterschaften des NLV, sei es in der Halle oder im Freien, war er bis in die jüngste Vergangenheit stets anzutreffen. Oftmals amtierte er als Sprecher.

Seine Ehefrau Traude begleitete ihn häufig zu den Sport-Events. Beide engagierten sich auch in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in der Südstadt. Für sein langjähriges soziales Wirken in der Landeshauptstadt erhielt Horst Johr 2017 von Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

In den vergangenen Wochen verschlechterte sich sein Gesundheitszustand allerdings rapide.  Ein gemeinsames Weihnachtsfest blieb dem Ehepaar Johr verwehrt.

Text: Peter Hübner, 28.11.2024

Horst Johr (links) erhält von Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok am
30. Oktober 2017 das Bundesverdienstkreuz
Horst Johr, Oktober 2017 (Foto: Privat)

Sportfans trauern um Reporter-Legende Dieter Adler

Erste Stelle im Hall of Fame-Alphabet des NISH

Hannover – Vor allem die Leichtathletik-Anhänger werden seine markante Stimme in Erinnerung behalten. Dieter Adler bildete mit Gerd Rubenbauer ein kongeniales Duo, das für die ARD über viele Jahre von Europameisterschaften, Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen berichtete. Jetzt ist Adler nach Angaben des Norddeutschen Rundfunks in der Nacht vom 8. auf den 9. November 2024 in Hannover gestorben. Die Sportreporter-Legende wurde 88 Jahre alt.

Das Niedersächsische Institut für Sportgeschichte (NISH) hatte Adler 2016 als besondere Persönlichkeit in sein Ehrenportal aufgenommen. Der gebürtige Heidelberger zählt damit zu den ersten Sportjournalisten, die es in die Hall of Fame schafften. Bereits 2015 hatte ihn der Verband der Deutschen Sportjournalisten (VDS) für sein Lebenswerk mit dem Sportaward ausgezeichnet. Eine Ehrung, die den Medienpreisträger des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) von 2007 besonders erfreute.

Viele Sportfans kennen Adler noch gut aus seiner Zeit als Sportschau-Moderator bei der ARD. Nach der Trennung von Günter Siefarth rückte er in den 60er Jahren zu den Sportschau-Urgesteinen Ernst Huberty und Addi Furler auf. Das Foto, dass das Kölner Moderatoren-Dreigestirn zeigt, hat fast schon Kultstatus.

Doch schon zu dieser Zeit galt seine Vorliebe der Leichtathletik. Er erlebte 1972 die Höhen und Tiefen bei den Olympischen Spielen in München mit. Der Versuch, möglichst unaufgeregt den Job zu verrichten, klappte nicht immer. Bei der WM 1999 in Sevilla erlitt er einen Herzinfarkt.

„Gelassen wirkte er bei der Berichterstattung, keiner, dessen Stimme sich überschlagen hätte, da war Adlers alte Sportschau-Schule, die überschäumenden Emotionen waren nicht sein Ding“, würdigte der „SPIEGEL“ in seiner Würdigung den Verstorbenen.

1988 wechselte Adler zum NDR in das Funkhaus nach Hannover. Dort arbeitete er in der Sportredaktion, moderierte aber auch Sendungen wie „Hallo Niedersachsen“. Kein Problem für den Vollblut-Journalisten, der Geschichte, Politik und Altphilologie studiert hatte.

Zudem trat Adler dem Verein Niedersächsische Sportpresse (VNS) bei. Dort konnte er mit seiner Erfahrung manche Wogen glätten, nur beim jährlichen Skat-Turnier in der Vorweihnachtszeit gingen bei ihm die Emotionen hoch. „Sein Tod ist ein großer Verlust für unseren Verein. Dieter wurde respektiert, seine Erfahrung geschätzt, und sein Wirken als ‚Mr. Sportschau‘ anerkannt“, erklärte der VNS-Vorsitzende Hans-Joachim Zwingmann.

Auch das NISH wird den Mann, der seine letzten Lebensjahre mit Ehefrau im hannoverschen Stadtteil List verbrachte, nicht vergessen. Dafür sorgt schon sein Nachname. Wer im Internet die alphabetisch geordnete Hall of Fame aufsucht, stößt an erster Stelle unter „A“ und „Persönlichkeiten“ auf Dieter Adler.

Text: Peter Hübner, 11.11.2024

Liesel Westermann vollendet 80. Lebensjahr

Am Samstag, dem 2. November 2024, vollendet Liesel Westermann, die frühere Weltrekordhalterin im Diskuswurf, ihr 80. Lebensjahr.

Die Jubilarin gehörte in den 1960er Jahren zu den weltbesten Leichtathletinnen in dieser technisch anspruchsvollen Wurfdisziplin. Bei den Olympischen Spielen in Mexiko City 1968 gewann sie die Silbermedaille.

Im Verlauf ihrer höchst erfolgreichen Karriere gelang es ihr, insgesamt viermal eine Weltrekordweite im Diskuswurf zu erzielen. Am 5. November 1967 warf sie in Sao Paulo (Brasilien) auf einer Sportfest-Reise durch Südamerika zum Saisonausklang genau 61,26 m weit und damit als erste Frau der Welt über 60 Meter. Ihre persönliche Bestleistung erzielte sie gegen Ende ihrer langen Laufbahn am 12. August 1972 beim Sportfest in Zürich mit der Weite von 64,96 m.

Liesel Westermann wurde in Sulingen im niedersächsischen Landkreis Diepholz geboren. Nach dem Abitur zog es sie zu einem Lehramtsstudium zunächst nach Hannover und dann nach Göttingen, bevor sie ein Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln aufnahm, das sie als Diplom-Sportlehrerin abschloss. Nach beruflichen Stationen als Gymnasiallehrerin in Leverkusen und Solingen ging sie im Jahre 2003 zurück nach Hannover in das Niedersächsische Kultusministerium, wo sie im Range einer Ministerialrätin als leitende Koordinatorin für „Schulsport und Gesundheitserziehung“ bis zur Erreichung der Altersgrenze im Jahre 2009 tätig war.

Ihre „bewegte“ Sport-Biografie begann sie in ihrer Heimatstadt Sulingen: Schon mit drei Jahren besucht Liesel das Kinderturnen und findet große Freude an vielseitiger Bewegung. Im 11. Lebensjahr wird sie Bezirksmeisterin im Brustschwimmen, ein Jahr später Waldlaufmeisterin im Bezirk, bevor das Stadion und damit die Leichtathletik ihre sportliche Heimat wird und sie ihr Talent in den verschiedenen (Wurf-) Disziplinen weiter entfalten kann: Mit genau 30,96 m als 14-jährige ist die Weite ihres ersten Wettkampfs im Diskus dokumentiert und gleichsam der „Startwurf“ für eine großartige Karriere als „Diskus-Liesel“, wie sie später auch in den Medien „gedruckt“ zitiert wird.

Während ihrer ersten Studienzeit startet Liesel Westermann für Hannover 96, stellt 1966 mit 57,98 m im Diskus ihren ersten deutschen Rekord auf, bleibt aber vielseitig und wird u.a. deutsche Meisterin mit der 4×100 m-Staffel und mit der Fünfkampf-Mannschaft. In Länderkämpfen für den Deutschen Leichtathletik-Verband wird sie 51-mal eingesetzt und mit der „Goldenen Länderkampfnadel“ ausgezeichnet. Parallel zu ihrem Studienort-Wechsel 1968 nach Köln schließt sie sich TuS 04 Leverkusen an. Beispielhaft für alle ihre Wettkampferfolge und Rekorde sei wenigstens erinnert an ihren Titel als „Studentenweltmeisterin“ (sic!) 1967 in Tokio sowie Platz 5 bei den Olympischen Spielen 1972 in München.

Liesel Westermann wurde während und nach ihrer Karriere vielfach ausgezeichnet: u.a. als Sportlerin des Jahres (1967 und 1969), Weltbeste Leichtathletin (1967) und als Weltsportlerin des Jahres (1969). Im Jahre 1968 erhielt sie mit dem Silbernen Lorbeerblatt die höchste Sportauszeichnung der Bundesrepublik Deutschland, ferner wurde sie u.a. 1969 geehrt mit dem Goldenen Band der deutschen Sportpresse und der Sportplakette des Landes Nordrhein-Westfalen. In die Hall of Fame des deutschen Sports wurde sie im Jahre 2011 aufgenommen, im Ehrenportal des niedersächsischen Sports des Instituts für Sportgeschichte (NISH) in Hannover ist sie schon seit 1988 aufgeführt. In ihrer Heimatstadt Sulingen gibt es inzwischen am Gelände des ehemaligen Bürgerparkstadions den Liesel-Westermann-Weg (mit der Unterzeile „Weltsportlerin des Jahres 1969“), im Jahre ihres 70. Geburtstages wurde dort eine Liesel-Westermann-Stele aus Naturstein eingeweiht. Alle zwei Jahre veranstaltet der TuS Sulingen drei „Liesel-Westermann-Werfertage“ und hat ihr längst die Ehrenmitgliedschaft verliehen.

Bereits im Jahre 1977 erschien eine von ihr selbst verfasste Biografie mit dem Titel „Es kann nicht immer Lorbeer sein“. Darin blickt sie auch zurück auf die „erlebte“ Kehrseite der Medaille im Sport. In dem 356-seitigen Werk geht es ihr um mehr, als nur ihren eigenen sportlichen Lebenslauf nachzuzeichnen. Sportlich ist die heute in Hannover lebende Olympionikin inzwischen bei einer Sportart außerhalb der Leichtathletik gelandet, für die es aber dennoch ein paar Parallelen zum Diskuswerfen gibt: Beim Golf muss schließlich der kleine Ball zuweilen auch möglichst weit geschlagen werden … möge das der Liesel Westermann mit jetzt (über) 80 Jahren weiterhin ganz gut und stets mit viel (Bewegungs-) Freude in der Natur gelingen!

Text: Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

Detlef Kuhlmann wird neuer NISH-Vorsitzender – Ehrungen für Arnd Krüger und Reinhard Rawe

Stabwechsel beim NISH: Der Bielefelder Sportpädagoge Detlef Kuhlmann löste als Vorsitzender den bisherigen Amtsinhaber Wilhelm Köster ab. Auf der Mitgliederversammlung in Hannover erhielt der LSB-Vorstandsvorsitzende Reinhard Rawe die „Dr. Bernhard-Zimmermann-Medaille“, zudem wurde der frühere NISH-Chef Arnd Krüger zum ersten Ehrenvorsitzenden ernannt.

Hannover – Detlef Kuhlmann ist neuer Vorsitzender des Niedersächsischen Instituts für Sportgeschichte (NISH). Auf der Mitgliederversammlung trat der 70 Jahre alte Sportpädagoge am 15. Oktober 2024 in Hannover die Nachfolge von Wilhelm Köster (Sulingen) an. Der bisherige NISH-Chef hatte wenige Wochen vor seinem 90. Geburtstag auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Kuhlmann, der einstimmig gewählt wurde, bedankte sich unter dem großen Beifall der 17 Stimmberechtigten bei seinem Vorgänger für dessen engagierte Arbeit in den vergangenen sechs Jahren.

„Ich möchte die Sichtbarkeit des Instituts verbessern“, kündigte der in Bielefeld lebende Kuhlmann in seiner Antrittsrede an. Der langjährige Leiter des Arbeitsbereichs Sport und Erziehung am Institut für Sportwissenschaft an der Universität Hannover gehört seit 2016 dem NISH-Vorstand an. Kuhlmann ist nach Wilhelm Henze (1981 – 1990), Jürgen Zander (1990 – 2000), Arnd Krüger (2000 – 2018) und Wilhelm Köster (2018 – 2024) der fünfte Vorsitzende des Sport-Dokumentationszentrums.

Das NISH war 1981 als erste bundesdeutsche Einrichtung dieser Art in der Weserstadt Hoya gegründet worden. Ende 2010 erfolgte der Umzug in die LSB-Akademie des Sports nach Hannover. Dort erforscht und registriert das Team um den hauptamtlichen Geschäftsführer Bernd Wedemeyer-Kolwe (Göttingen) die Sportentwicklung in Niedersachsen und angrenzenden norddeutschen Gebieten.

Der passionierte Langstreckenläufer Kuhlmann, der zudem ein Faible für den Handballsport besitzt, wird zukünftig durch ein neues Stellvertreter-Duo unterstützt. Hedda Sander (Braunschweig) und Thomas Dyszak (Hannover) wurden ebenso einstimmig in den NISH-Vorstand gewählt wie der alte und neue Schatzmeister Fritz Müller (Wunstorf).

Sichtlich überrascht reagierte Reinhard Rawe, Vorstandsvorsitzender des Landessportbundes (LSB) und damit automatisch im NISH-Vorstand vertreten, auf eine unerwartete Ehrung. In einer seiner letzten Amtshandlungen verlieh Köster dem langjährigen LSB-Chef die „Dr. Bernhard-Zimmermann-Medaille“ für hervorragende sporthistorische Arbeit.

Auch der frühere Leichtathlet Arnd Krüger (Peine) konnte sich über eine Auszeichnung freuen. Die Mitgliederversammlung ernannte den Sportwissenschaftler zum ersten Ehrenvorsitzenden in der NISH-Historie. Fast auf den Tag genau vor 56 Jahren hatte Krüger bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko City den Endlauf über 1500 Meter knapp verpasst.

Text: Peter Hübner (NISH), 16.10.2024

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