Schnelle Läuferin auf der Aschenbahn – Olympia-Zweite Jutta Heine wird 80

Hannover –  Kunststoffbahnen für Leichtathleten gab,es vor 60 Jahren noch nicht. Damals war Jutta Heine Deutschlands herausragende Sprinterin. „Primadonna der Aschenbahn“ nannte die „Bunte“ einmal die hochgewachsene Blondine, die 1960 bei den Olympischen Spielen in Rom zwei Silbermedaillen auf Asche gewann. Nur die legendäre Wilma Rudolph aus den USA konnte die damals 19 Jahre alte Kurzstreckenläuferin des DHC Hannover über 200 Meter und in der 4 x 100 Meter-Staffel schlagen. Am 16. September 2020, wenn Jutta Heine ihren 80. Geburtstag feiert, wird sie mit Sicherheit sehr häufig auf ihre  unvergessenen Silberläufe angesprochen. 

Die aus dem niedersächsischen Stadthagen stammende Jubilarin lebt seit fast fünf Jahrzehnten in Burglahr im Westerwald. Dort hatte sie 1974 – nach dem Ende ihrer Sportler-Karriere und dem Abschluss des Wirtschaftsstudiums an der Universität Köln – den Hotelbetrieb zur „Blauen Mühle“ eröffnet. Heute wird der Komplex, zu dem auch ein Reiterhof gehört, nur noch als Frühstückshotel geführt. „Für alle, die die Natur lieben“, verriet Heine im Juli in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.“ Dazu zählt sie sich auch. „Ich bin ein Landkind, liebe Sonne und Tiere. Menschenmassen mag ich nicht“, sagte die reiselustige Ex-Athletin.

Mit zwölf Jahren war das „Landei“ nach Hannover gekommen, wo ihr großes Talent beim Schulsport auffiel. Vereinstrainer Wolfgang Schack vom Deutschen Hockey Club (DHC) formte sie innerhalb weniger Jahre von einer deutschen Jugendmeisterin, die sich besonders im damals nicht-olympischen Fünfkampf bewährte, zu einer Weltklasse-Sprinterin. „Er hat es fertig gebracht, mich zu begeistern“, bedankte sich Heine bei ihrem Entdecker. Später startete sie auch für Hannover 96 und den ASV Köln.

Vor ihrer Sternstunde in Rom musste sich Heine in den deutsch-deutschen Ausscheidungen gegen die besten DDR-Läuferinnen für das gesamtdeutsche Olympiateam qualifizieren. Die Duelle in Hannover und Erfurt gegen die routinierten ostdeutschen Asse Gisela Birkemeyer und Hannelore Raepke zerrten an den Nerven. Zwei Jahre später erlebte die schnelle Niedersächsin bei der Europameisterschaft 1962 in Belgrad den zweiten Höhepunkt ihrer Laufbahn. Sie gewann den Titel über 200 Meter sowie zweimal Silber über 100 Meter und mit Erika Fisch, Martha Pensberger und Maren Collin in der Staffel.

Kein Wunder, dass Deutschlands Sportjournalisten Jutta Heine zur „Sportlerin des Jahres 1962“ wählten. Das frühe Aus bei Olympia 1964 in Tokio war für die Top-Läuferin eine große Enttäuschung.  Sie beendete nach 16 Länderkämpfen mit 37 Einsätzen im Alter von erst 24 Jahren ihre Karriere. Das Niedersächsische Institut für Sportgeschichte (NISH) hatte Heine 1988 in die „Hall of Fame“ aufgenommen und gratuliert der Jubilarin sehr herzlich zum Geburtstag. Viel Glück und Gesundheit im nächsten Lebensjahrzehnt.

Peter Hübner, September 2020.