Olympiareiter Wilhelm Büsing gestorben. Er gewann 1952 zwei Medaillen in Helsinki
Viele Jahre war Wilhelm Büsing Deutschlands ältester lebender Olympia-Teilnehmer. 1952 in Helsinki gewann der Vielseitigkeitsreiter Silber im Team und Bronze im Einzel. Jetzt ist der promovierte Tierarzt tot. Er starb am 25. Juni 2023 im Alter von 102 Jahren in seiner niedersächsischen Heimatgemeinde Jade.
Hannover/Jade – Als Sportler, Tierarzt und Züchter fühlte sich Wilhelm „Willy“ Büsing in allen Sätteln gerecht. Der Pferdesport-Pionier aus dem niedersächsischen Jade in der Wesermarsch beherrschte seine Sachen ausnahmslos gut. Das bewies der frühere Vielseitigkeitsreiter besonders 1952, als er bei den Olympischen Spielen in Helsinki Silber mit dem Team und Bronze im Einzel gewann.
Dank dieses Doppelschlags vor 71 Jahren war Büsing in der Vergangenheit der älteste lebende Olympia-Medaillengewinner in Deutschland. Jetzt hat das Herz des bis ins hohe Alter sehr rüstigen Reitermannes aufgehört zu schlagen. Wie sein Schwiegersohn dem Niedersächsischen Institut für Sportgeschichte (NISH) bestätigte, ist Wilhelm Büsing am 25. Juni 2023 in seinem Elternhaus gestorben. Er wurde 102 Jahre alt.
Seine Sportler-Karriere endete relativ früh Mitte der 50er Jahre. Allerdings knüpfte er 1954 mit Team-Silber bei der Europameisterschaft in Basel noch einmal an die olympische Glanz-Vorstellung von Helsinki an, wo er mit seinem Wallach Hubertus nur dem Schweden Hans von Blixen-Finecke und dem Franzosen Guy Lefrant den Vortritt lassen musste. Sein Erfolgspferd war damals an Bord eines Fischkutters über die Ostsee in die finnische Hauptstadt transportiert worden.
Der dritte Rang in der Einzelwertung ebnete zudem den Weg für das Mannschafts-Silber. Seine damaligen Mitstreiter Klaus Wagner (gestorben 2001) und Otto Rothe (gestorben 1970) überlebte Büsing um Jahrzehnte. In einem NISH-Gespräch anlässlich seines 100. Geburtstages vor zwei Jahren verblüffte er mit seinem guten Gedächtnis und einer kritischen Olympia-Analyse trotz der schönen Erfolge der Reiter.
„Das Gesamtergebnis für Deutschland war traurig. 1936 gab es in Berlin mehr als 30 Goldmedaillen, in Helsinki nicht eine“, bilanzierte der Niedersachse den ersten Olympia-Auftritt einer deutschen Mannschaft nach dem 2. Weltkrieg. Mit sieben Silber- und 17 Bronze-Plaketten erzielte die Olympia-Auswahl bei der Rückkehr auf die internationale Bühne ein bis heute ungewöhnliches Ergebnis.
Der promovierte Tierarzt, der auch große Erfolge als Pferdezüchter feierte, blieb Olympia lange Zeit verbunden. Büsing erlebte in verschiedenen Funktionen den Kampf um Gold, Silber, Bronze 1956 in Stockholm, 1960 in Rom, 1964 in Tokio und 1972 in München. Zumeist war er als Tierarzt bei den Pferdesport-Wettbewerben eingesetzt, manchmal musste er auch Menschen.
„1956 in Stockholm habe ich Hans-Günter Winkler in der Pause vor dem zweiten Umlauf nach seinem Leistenbruch so gut es ging behandelt“, erzählte Büsing vor zwei Jahren über sein Treffen mit dem legendären Weltmeister und Olympiasieger der Springreiter. Dem Vernehmen nach hielt der Veterinär mit einer Mixtur aus Kaffee und Schmerzmitteln Winkler so fit, dass die Stute „Halla“ ihren prominenten Reiter fehlerlos über den Parcours tragen konnte.
Privat war der verstorbene Vielseitigkeitsreiter seit 1959 mit Ehefrau Dorle verheiratet. Für seine sportlichen Leistungen hatte Büsing Ende1953 das Silberne Lorbeerblatt erhalten. Das NISH nahm den Olympiareiter bereits 1988 in seine „Hall of Fame“ auf.
Text: Peter Hübner, 04.07.2023